Bilderbuchzelten
Zu Inszenierungen zeitgenössischer Bilderbücher
Text: Kirsten Winderlich
Fotos: Elisa Bauer
Was kann ich tun, wenn ich keinen eigenen Ort habe, um in Ruhe Bilder zu betrachten und zu lesen? Was kann ich unternehmen, wenn meine Eltern, die Erzieher*innen oder die Lehrer*innen mich an einen Ort schleppen, zu dem ich ohne sie keinen Zutritt hätte? Und was kann ich machen, wenn ich Lust habe, in andere Welten einzutauchen? – – – Zelten!
Was auf den ersten Blick vielleicht ein wenig naiv anmutet, ist aufrichtig ernst gemeint! Das Zelten bringt einen an andere Orte, und schafft gleichzeitig eigene Räume. Zelten ist temporär und mobil. Zelten hält einen beweglich. Das Zelten schafft also wunderbare Möglichkeiten, eigene Orte in von Erwachsenen dominierten Räumen zu markieren und diese gleichzeitig zu nutzen, um mobile Bibliotheken zu bauen und in Bilderbuchwelten einzutauchen. Wurf- oder sogenannte Pop-up-Zelte potenzieren die genannten Möglichkeiten, denn bei diesen Zelten handelt es sich um vorfabrizierte Hüllen, verpackt in Rucksäcken, die sich durch eine Wurfbewegung ortsunabhängig aufschlagen lassen. Die Wurfzelte unterstützen darüber hinaus durch ihren Ready-made-Charakter eine Fokussierung auf das Bilderbuch. (vgl. Winderlich 2021) Ist im Rahmen von Wandertouren oder Camping klar, welche Dinge in ein Zelt gehören, stellt sich die Frage der Innenraumgestaltung beim Bilderbuchzelten immer wieder aufs Neue. Nicht zwingend sind es der gewohnte Daunenschlafsack, die Isomatte oder der Gaskocher, die in die Bilderbuchzelte Einzug halten. Vielmehr sollte für die Bilderbuchzelte jedes Detail genau überlegt und ästhetisch reflektiert werden. Es geht im Rahmen des Bilderbuchzeltens nicht nur um Behaglichkeit und Schutz, sondern vor allen Dingen um die Inszenierung der jeweiligen Bilderbuchästhetik. Auf welche Weise kommt also etwas durch die Bilder zum Erscheinen? Wie wird zwischen Bild und Text erzählt? Welche Dinge, Materialien und Arrangements können die jeweilige Ästhetik inszenieren? Ist es ein ausgewähltes, unverwechselbares Objekt oder eher eine Masse an Dingen? Welches Material kann Zugänge zum jeweiligen Bilderbuch eröffnen? Inwieweit ermöglicht zum Beispiel eine spezifische Farbe oder der Einsatz von Licht und Schatten eine vertiefte Rezeption? Inwieweit wäre die Integration haptischen Erlebens denkbar? Welche Bilder der ausgewählten Bücher können über Druck, Projektion oder Transformation ästhetische Erfahrungsräume ermöglichen?
Im Folgenden soll ein Einblick in mögliche Inszenierungen ausgewählter zeitgenössischer Bilderbücher gegeben werden. Im Zentrum stehen Bücher, in denen Tiere auf unerwartete Weise Einzug in unseren Alltag halten. Dabei berühren die Bilderbücher existentielle Fragen zu Sehnsucht und Freundschaft wie Konflikt und Krise. Was bedeutet es, wenn sich ein Wal in meinem Leben breit macht? Was passiert, wenn jeden Tag ein neuer Pinguin vor unserer Tür steht, weil die Pole schmelzen? Und was macht es mit mir, wenn zuhause wilde Tiere einziehen und das Wohnzimmer auf den Kopf stellen?
365 Pinguine (Jean-Luc Fromental/Joëlle Jolivet)
Jeden Tag steht ein neuer Pinguin vor der Tür, ordentlich verpackt und per Post direkt gesendet von der Antarktis. Und so geht es ein ganzes Jahr. Nicht nur das Haus der vierköpfigen Familie füllt sich und platzt zunehmend aus allen Nähten, sondern auch der Alltag »wird langsam zum Problem … Was sollen wir mit all den Pinguinen machen?« schreit es irgendwann förmlich in großen Lettern aus der Buchseite. Ja, was sollen wir machen? Dass wir zusammengehören, bringt Joëlle Jolivet über ihre aus dem Linoldruck generierten, grafischen Bilder neben dem Schwarzton der Pinguine wie der Schrift mit nur drei Farben ins Bild. Und klar, dass angesichts der drohenden Krise die Menschen orangefarben gehalten sind, genauso wie die Füße der Pinguine.
Zur Inszenierung des Bilderbuches
180 Pinguine suchen Schutz und ziehen in das Zelt ein. Es handelt sich bei den Pinguinen um sogenannte Cooler, die mit Wasser gefüllt und im Gefrierfach gekühlt, die Kinder unterstützen, sich mit Hilfe ihrer Fantasie in antarktische Breiten zu versetzen. Gleichzeitig regt die Masse an Pinguinen die Kinder an, diese zu ordnen und zu zählen. Und schließlich setzen die Pinguine den Impuls, darüber nachzudenken, was mit ihnen geschieht, wenn ihr ursprünglicher Lebensort zerstört ist.
Jean-Luc Fromental / Joëlle Jolivet (Ill.)
365 Pinguine
Aus dem Französischen von Leonie Jakobson
Aladin 2018
48 Seiten, durchgehend farbig illustriert
Hardcover, 26,1 x 33,6 cm
ISBN: 978-3-8489-0157-9
€ (D): 17,00 / € (A): 17,50 / CHF: 26,90
Der Wal im Garten (Sabine Rufener)
Die Geschichte beginnt mit einem Morgen, an dem alles anders war: Die Stimmung, der Rhythmus, die Rituale – wie, als wäre man mit dem falschen Fuß aufgestanden. Wer kennt das nicht? Bei Lille war es noch ein wenig anders. »Irgendetwas versperrte ihr die Sicht. Es war grau und roch ein bisschen nach Meer.« Mit diesen Worten leitet Sabine Rufener die Veränderung ein, die keine kleine ist und letztlich nicht nur eine Person und ein Leben betrifft. Ein Wal liegt auf Lilles Fahrrad. Eine absurde Vorstellung! Aber wie kommt er dorthin und wie wieder fort? Oder besser: Wie kommt er dorthin, wo er hingehört? Fragen werden aufgeworfen, die nicht nur Lille betreffen, sondern unseren Planeten insgesamt – Fragen, die aktuell notwendiger zu stellen sind als zuvor!
weiterlesen: https://bilderbuchkunst.de/portfolio/der-wal-im-garten/
Zur Inszenierung des Bilderbuches
Die Rezeption der Geschichte und ihrer Bilder, in denen (Tusch-)Zeichnung und Druck sowie das Zusammenspiel von Licht und Schatten zur Wirkung kommen, kann über
Projektionen ausgewählter Bilder, die zum Beispiel das Zimmer von Linne zeigen, auf die Zeltinnenwand vertieft werden. Die Kinder werden auf diese Weise in den Alltag von Linne, deren Lebensraum durch den stetig größer werdenden Wal zunehmend beschnitten wird, versetzt und haben auf diese Weise die Möglichkeit dem Gefühl des Bedrängt-Seins nachzuspüren.
Sabine Rufener
Der Wal im Garten
Kunstanstifter 2021
36 Seiten, gebunden, 22,5 x 29.5 cm, farbig illustriert, Hardcover mit Prägung
ISBN 978-3-948743-00-0
€ (D)
22 / € (A) 22,70 / CHF 34,90
Dschumanji. Das Dschungelabenteuerspiel (Chris van Allsburg)
An einem Tag, an dem die Eltern nicht zu Hause sind, finden Judy und Peter im Park am Fuß eines Baumes ein geheimnisvolles Spiel. Wieder zurück zu Hause beginnen die beiden es nach Anleitung zu spielen und können ihren Augen nicht trauen! »›Ein Löwe greift an, gehe zwei Felder zurück‹, las Judy.« Und bevor sich Peter versieht, liegt ein brüllender Löwe auf dem Klavier. Wenig später rückt Judy auf ein Spielfeld vor, auf dem sie liest »›Affen stehlen Lebensmittel, einmal aussetzen‹«. Und unmittelbar werden die Kinder von den Geräuschen aneinanderschlagender Töpfe und herunterfallenden Geschirrs in die Küche getrieben, wo sie nur noch zusehen können, wie ein Dutzend Affen die Vorräte plündern. Und so geht es fort. Mit jedem Spielzug wird es gefährlicher. Das Drama spitzt sich zu: eine wild gewordene Nashornherde, eine Pyton und ein Vulkanausbruch stellen das Haus buchstäblich auf den Kopf. Die fotorealistisch anmutenden und in Grauschattierungen gehaltenen Zeichnungen, wie ungewohnten Perspektiveinstellungen und Blickwinkel, von oben wie aus der Sicht der Kinder, unterstützen den durch das Spiel initiierten Schwebezustand zwischen Realität und Fiktion. In diesem Sinne ist das Bilderbuch auch als Plädoyer für das Spiel von Kindern zu lesen – auch und insbesondere in seinen oft vergessenen Dimensionen, wie Schaudern, Bangen und Gruseln.
Zur Inszenierung des Bilderbuches
Um die Kinder unmittelbar am Dschumanji-Dschungelabenteuerspiel teilhaben zu lassen, wird der Zeltboden zum Spielbrett. Konkret wird die Bilderbuchseite, die Judy und Peter, von oben betrachtet, beim Spiel zeigt, auf ein Laken fotokopiert. Ein großer Holzwürfel und handgeschnitzte tierähnliche Holzfiguren laden ein, sich von den Fantasiewelten des Bilderbuches »fangen« zu lassen. Spielregel: Weitergelesen wird das Buch immer nur dann, wenn eine Spielfigur auf ein dunkelgraues Feld vorrückt.
Chris van Allsburg
Dschumanji
Das Dschungelabenteuerspiel
Aus dem Amerikanischen von Martin und Alissa Walser
Ravensburger 1988
32 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag
ISBN 978-347-333-5343
nur noch antiquarisch erhältlich
The Whale (Vita Murrow / Ethan Murrow)
»The Whale« ist ein Buch über die Faszination, die Wale auslösen und gleichzeitig über die schiere Unmöglichkeit ihnen nahe zu kommen. Entsprechende Mythen ranken sich um den Meeresriesen, die auch Vita und Ethan Murrow zum Anlass für ihre überwiegend ohne Worte erzählte Geschichte nehmen. So soll es vor 50 Jahren an einem kleinen Ort an der Küste zwei Menschen gegeben haben, die einen Wal beobachtet haben, heißt es auf einem Plakat gleich zu Beginn des im dokumentarischen Duktus angelegten, sowie in Schwarz, Weiß und Grautönen gehaltenen Bilderbuches. Mit dem Teaser »Riesenwal oder Riesen-Betrug?« fordert das Plakat auf, die Boote klar zu machen, die Ferngläser zu polieren und sich auf Wal-Expedition zu begeben. Dem Aufruf kommen auch ein Mädchen und ein Junge nach. Über die folgenden Bilder, in denen filmische Einstellungen und Perspektivwechsel zur Wirkung kommen, haben wir teil an ihrer atemberaubenden Forschungsreise. Angefangen von minutiös vorbereitender Bootsbaumaßnahmen, nebst beeindruckend technischer Ausrüstung, wie Kameras, Ortungsgerätschaften und Mikrofonen, werden wir Zeuge, wie die beiden Walbeobachter Schiffbruch erleiden und kentern. Trotz dieses, andere vielleicht schon längst entmutigenden »Schlags«, geben sie nicht auf. Sie orten den Wal und können schließlich mit Hilfe ihres auditiven und visuellen »Scharfsinns« seine Existenz beweisen. Klar, dass dieses Ereignis eine Zeitungsnachricht wert ist! Eröffnete eine fünfzig Jahre alte Zeitungsnachricht die Geschichte mit massivem Zweifel an der Existenz des Wals, schließt die Geschichte mit einer Nachricht, die die Beweisführung seines Daseins explizit durch die junge Generation besiegelt.
Zur Inszenierung des Bilderbuches
Im Zelt ertönen Walgesänge. Das Audio sowie ein Schlafsack und Kissen, bedruckt mit Bildern aus dem Bilderbuch, die den Wal im dunklen Meer andeuten, laden die Kinder ein, sich in den Wal und seine Lebenswelt einzufühlen.
Vita Murrow / Ethan Murrow (Ill.)
The Whale
Big Picture Press (BPB) 2016
32 Seiten, gebunden, mit Schutzhülle, 27,8 x 27,7 cm
ISBN: 978-076-367-9651
Neu ab 17€
Han Gan und das Wunderpferd (Chen Jianghong)
Chen Jianghong geht in seinem Bilderbuch von einem Meisterwerk des Malers Han Gan aus, der vor mehr als 1.200 Jahren in China lebte und für seine Pferdedarstellungen berühmt war. Das Werk „Pferde und Reitknechte“ in Tusche und Farbe auf Seide ist im Museum Cernuschi in Paris zu sehen. An dieses Gemälde anknüpfend, erzählt Chen Jianghong eine ganz eigene Geschichte Han Gans‘ und malt diese wie der Altmeister auf Seide. Chen Jianghong beschreibt Han Gan in seinem Bilderbuch als Künstler, der schon als Kind am liebsten zeichnete. Pferde faszinierten ihn. Nicht müde werdend, stellte er sie immer wieder in ihrer Lebendigkeit und Schönheit dar. Eines Tages erkannte ein Meister sein Talent und ermöglichte ihm, seine Pferdestudien und Malereien weiterzuentwickeln. Auf seine Begabung aufmerksam geworden, machte der Kaiser ihn zum Mitglied seiner Hofgilde. Auch hier widmete er sich, gegen die Tradition, der Darstellung von Pferden. Man begann Geschichten über seine Leidenschaft zu erzählen. So auch diese, dass Han Gan seine Pferde mit einem Zauberpinsel zum Leben erwecken könne.
Weiterlesen: https://bilderbuchkunst.de/portfolio/han-gan-und-das-wunderpferd-2/
Zur Inszenierung des Bilderbuches
Das Zelt verwandelt sich in ein Studio. Es liegen diverse Scherenschnitte der Pferde Han Gans‘ in unterschiedlichen Körperhaltungen und Größen bereit und regen die Kinder an, diese in die Hand zu nehmen und in verschiedenen Konstellationen, alleine oder in der Gruppe, zu studieren: konkret zum Beispiel im Galopp, im Sprung oder beim Aufbäumen.
Chen Jianghong
Han Gan und das Wunderpferd (Originaltitel: Le cheval magique de Han Gan)
Aus dem Französischen von Erika und Karl A. Kliewer
Moritz 2004
40 Seiten
ISBN: 978-3-895-1557
Nur noch antiquarisch erhältlich
Sein erster Fisch (Hermann Schulz/Wiebke Oeser)
Endlich Ferien! Und wie schön, mit dem Großvater angeln zu gehen! Es war das erste Mal für Raul. Und tatsächlich biss einer an! »Raul drehte und drehte an der Kurbel. Und dann erschien der Fisch an der Wasseroberfläche. Er war mindestens dreißig Zentimeter lang und schillerte bunt in der Sonne. Er war ein wunderschöner großer Fisch.« Ab dem Augenblick wurde jedoch alles anders. War Raul kurz zuvor in gespannter Vorfreude auf seinen Fang, trübte sich seine Stimmung, nachdem er den zappelnden Fisch aus dem Wasser zog. Die Rufe der Menschen am Strand, er wäre ein Tierquäler und solle den Fisch ins Wasser zurückwerfen, verunsicherten ihn weiter. Zum Glück war da der Großvater, der den Jungen auf einfühlsame Weise in seiner selbstständig getroffenen Entscheidung unterstützte. Und zum Glück wird die Geschichte von den Bildern Wiebke Oesers getragen, die den Strudel an Gefühlen mit bewegtem Strich meisterhaft konturieren.
Zur Bilderbuchinszenierung
Eigentlich sollte es ein Drachenfisch sein, der wegen seines regenbogenfarbenen Körpers überzeugte und aus diesem Grund besonders geeignet erschien, das Betrachten und Lesen des Bilderbuches zu begleiten. Die Fischverkäuferin riet jedoch zu einem Rotbarsch mit Kopf aus dem Nordatlantik. Er sei ein Inbegriff von Fisch, argumentierte sie. Und so sahen es auch die Kinder. In einer Kiste auf Eis gelagert, konnten sie sich nicht loseisen von seinem Anblick, streichelten unermüdlich sein Schuppenkleid und tasteten sich vorsichtig mit ihren Fingern bis zu den Pupillen vor. »Wie Tränenwasser« kommentierten sie diese. Die Atmosphäre in diesem Moment unterstrich noch einmal, dass sich die Kinder nicht nur forschend mit dem Fisch auseinandersetzten, sondern sich vielmehr durch die leibsinnliche Erfahrung mit dem Fisch in das innere Erleben des Jungen einfühlten.
Hermann Schulz / Wiebke Oeser (Ill.)
Sein erster Fisch
Beltz & Gelberg (Minimax) 2016
32 Seiten, kartoniert, 19,1 x 15,1 cm, vierfarbig
ISBN: 978-3-407-761651
€ (D) 6,50 / € (A) 6,70 / CHF 10,90
Sommergäste (Matías Acosta)
Wir lesen, dass der Sommer gerade begonnen hat und der Mann von lauten Rufen geweckt wird, die lautmalerisch im Bild erscheinen und durch die in der spanischen Sprache typische Setzung der Ausrufezeichen eine zusätzliche Rahmung erfahren. »¡ÄN-ONG! ¡ÄN-ONG!« Die Gänse steigen dem Mann buchstäblich wie bildhaft aufs Dach. Gar nicht einverstanden ist er anfänglich mit ihrem Besuch … Wir nehmen teil an einem unerwarteten Beziehungsaufbau zwischen Mensch und Tier, der sich von einem anfänglichen Gefühl der Bedrängnis bis hin zu einer innigen Freundschaft entwickelt … Mittlerweile scheint der Herbst schon sehr nah, denn es regnet … Für die Gänse wird es höchste Zeit weiterzuziehen … Der Mann startet seine eigenwillige Flug-Zeug-Konstruktion mit Pedalantrieb, hebt von der Erde ab und die Gänse folgen. Hatte Lilienthal einst von den Vögeln und ihren Flugkünsten gelernt, ist es hier umgekehrt. »Vielleicht war ein Freund alles, was sie brauchten, um zu fliegen«, kommentiert Acosta das Bild und katapultiert die Bilderbuchgeschichte auf diese Weise ins Metaphorische.
Weiterlesen: https://bilderbuchkunst.de/portfolio/die-sommergaeste-las-visitas-del-verano/
Zur Inszenierung des Bilderbuches
Wie sieht es mit anderen Tieren aus, die mit den Jahreszeiten ziehen? Welche Hilfsmittel und Maschinen könnten sie auf ihren Wanderrouten unterstützen? Das Zelt wird zum Hangar, in dem den Kindern für ihre Ideen und Konstruktionen weiße Knetmasse sowie Draht zur Verfügung gestellt werden.
Matías Acosta
Die Sommergäste
Las visitas del verano
Ein Bilderbuch aus Uruguay
Baobab Books 2021
Zweisprachig: Deutsch – Spanisch
Aus dem Spanischen übersetzt von Jochen Weber
48 Seiten, durchgehend farbig illustriert, Hardcover / 26 x 23 cm
ISBN: 978-3-907277-09-06
€ (D): 18,50 / € (A): 19,10 / CHF: 24,80
Nachts im Traum (Sonja Danowski)
Der Übergang vom Tag in die Nacht gleicht nach einem alten Sprichwort einem »kleinen Tod«. So ist es nur verständlich, dass das »In-den-Schlaf-Kommen« gerade im sensiblen Kindesalter von Stofftieren, Kissen oder anderen ausgewählten Dingen, die eine besondere Bedeutung für die Kinder haben, begleitet wird. So auch in dem poetischen wie malerischen Buch von Sonja Danowski. Jeweils auf einer Doppelseite nehmen wir in einem intimen Moment ein Kind im Schlaf, zugedeckt und Seite an Seite mit seinem jeweiligen Übergangsobjekt, wahr. Auf der Folgeseite lesen wir auf schwarzem Grund ein Haiku*, dass das geliebte Tier oder Objekt in eine Traumwelt »beamt« und zu surrealen Handlungen animiert. Die jeweils flankierende Malerei zeigt zum Beispiel, wie sich eine Stoffente in ein Fahrzeug verwandelt, aus dem ein Baum herauswächst und dabei ein Nest für die Entenküken trägt. In einem anderen Traum verwandelt ein Fluss das Kinderzimmer in eine fruchtbare Landschaft, an der sich zu dem kleinen Holzpferd weitere Tiere versammeln. Auf einer der folgenden Seiten bringt Rita ihrem Hund im Traum das Schwimmen bei. »Angst überwunden, Foxi schwimmt zum ersten Mal. Er vertraut mir.« heißt es im Haiku.
Zur Inszenierung des Bilderbuches
Weiße, flauschige Decken und Kissen verwandeln das abgedunkelte und mit Taschenlampen sanft ausgeleuchtete Zelt in eine Schlafstatt und ermöglichen den Kindern während des Vorlesens in ein »Tagträumen« zu kommen. In Anlehnung an die schwarz gehaltenen Seiten der einzelnen Haikus im Bilderbuch, die mit dem jeweiligen Namen des Kindes abschließen, finden die Kinder in dem Zelt schwarze Karten vor, auf denen folgendes in weißer Schrift zu lesen ist: »Und du? Was träumst du heute Nacht?« Die Rückseite der Karten bietet den Kindern Raum, ihre Träume zu notieren. Eine Kamera regt an, eine eigene Traumwelt zu inszenieren und den besonderen Moment fotografisch einzufangen.
*Unter einem Haiku ist eine japanische Gedichtform zu verstehen, die aus Wortgruppen mit folgender Silbenanzahl bestehen: 5 – 7 – 5.
Sonja Danowski
Nachts im Traum
Bohem 2022
64 Seiten, gebunden, Hardcover mit Prägung, 24 x 31 cm
ISBN 978-3-95939-210-5
€ (D) 20 / € (A) 20,60 / CHF 27,50
Literatur: Winderlich, Kirsten (2021). Bilderbuchzelten – Über eine mobile Bilderbuchwerkstatt. Journal der grund_schule der künste. [letzter Zugriff: 09.07.22]
https://grundschulekunstbildung.de/medium/bilderbuchzelten-u%cc%88ber-eine-mobile-bilderbuchwerkstatt
Die beschriebenen Inszenierungen der ausgewählten zeitgenössischen Bilderbücher wurden von Kirsten Winderlich, Elisa Bauer, Helen Naujoks, Elisabeth Holzer und Julia Overkamp konzipiert und am 2. Juli 2022 zur Langen Nacht der Wissenschaften in den Universitätsbibliotheken der Technischen Universität und der Universität der Künste Berlin erprobt.